Fische

Kaum bekannt ist, dass Fische die artenreichste Wirbeltiergruppe weltweit stellen, rund 99% aller Wirbeltiere sind Strahlenflossen und nicht nur in den Weltmeeren in unüberschaubarer Vielfalt präsent, sondern auch in den Binnengewässern. Die Fischfauna der Elbe ist gut bekannt, rund 60 Arten gehören zum Grundbestand dieses Gewässersystems. Während infolge der massiven Einleitung von Abwässern ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Artenzahl ständig zurückging und in den 1960er Jahren den Tiefpunkt erreichte, hat sich seitdem, vor allem aber nach der drastischen Reduzierung der Abwassermengen seit den 1990er Jahren, eine deutliche Progression abgezeichnet. Dennoch bleibt für die Elbe und weite Abschnitte der speisenden Fließgewässer wie Saale, Mulde, Havel und Schwarze Elster ein Strukturdefizit im Gewässer zu konstatieren, das sich nicht automatisch mit der Verbesserung der Wassergüte erledigt. Auch Flussfische vollziehen im Laufe eines Jahres den Wechsel von Vorzugshabitaten und benötigen nicht nur schnell strömende Bereiche, sondern vor allem während der Ruhezeit Einstandsgebiete mit entsprechender Tiefe: die Stillwasserbereiche. Nur durch Gewässerunterhaltung, die nicht ausschließlich auf Hochwasserschutz ausgelegt ist, sondern den Fluss als Lebensraum für alle Arten begreift, wird sich der Mangel an Strukturdefiziten oberhalb und unterhalb der Wasserlinie beheben lassen und  sukzessiv verbessern. Zur unerlässlichen Bedingung der Wiederansiedlung ausgestorbener Wanderfische in der Elbe und ihren Zuflüssen gehört die Beseitigung der Querverbauungen, um die ökologische Durchgängigkeit als Voraussetzung einer Wiederbesiedlung zu gewährleisten.

Bitterling: Zu den farbenprächtigsten Friedfischen gehört der Bitterling innerhalb der eurasischen Fischfauna. Besonders zur Laichzeit im Frühjahr fallen beim männlichen Bitterling die blau-violett irisierenden Areale der Körpermitte entlang der Seitenlinie und die kräftige orange Farbe der Bauchseite auf und verleiht dem kleinen Karpfenfisch unserer Stillgewässer, wie Altarmen, Seen und Weihern, etwas Exotisches. Dieser Eindruck wird verstärkt durch eine Fortpflanzungsbiologie, die von  allen anderen Arten unserer Fauna abweicht. Während der Paarungszeit deponiert das Weibchen mittels einer Legeröhre die  kurz  vorher vom Männchen besamten Eier in den Kiemenraum von Großmuschelarten. Schon das Wissen um die Abhängigkeit von stabilen Muschelvorkommen in pflanzenreichen Stillgewässern mit hoher Wassergüte liefert das Verständnis für die zunehmende Seltenheit des Bitterlings in den Gewässern des Biosphärenreservates.

Flussneunauge: Mit dem Flussneunauge in Mulde und Elbe begegnet uns ein Fossil, gehört es doch mit Bach- und Meerneunauge zur Klasse der Kieferlosen und damit zu Formen, von denen sich die Knochenfische im Laufe der Evolution abzweigten und eigenständig entwickelten. Eine Reihe von Merkmalen sind bei den urtümlich wirkenden Neunaugen sofort zu erkennen: unterentwickelte Augen und sieben Kiemenöffnungen entlang des Vorderkörpers sowie ein Maul mit drei gegeneinander wirkenden Reibplatten. Fehlende knöcherne Kopfkapsel und ein tragendes Stützskelett aus Knorpel vervollständigen die Ursprünglichkeit.

Als anadrome Wanderlaicher (vom Meer in die Flüsse aufsteigend) bleiben die als Querder bezeichneten Larven bis zum 3. Jahr im Süßwasser, um danach in die Küstengewässer und Ästuare abzusteigen. Das Flussneunauge zählte einst, damals Pricke genannt,  zu den beliebten, massenhaft gefangenen Speisefischen von Elbe, Saale, Mulde und Havel.

Rapfen: Das Verbreitungsgebiet des Rapfens zeigt in Sachsen-Anhalt eine eindeutige Konzentration der Vorkommen auf das unmittelbare Einzugsgebiet von Elbe und Havel. Mit der stetig erfolgten Verbesserung der Wassergüte war eine Zunahme der Besiedlung einst verwaister Flussstrecken verbunden, so dass auch bereits die Unterläufe der Nebenflüsse des Hauptstromes wieder besiedelt sind. Im Hauptstrom – der Elbe-  lebt dieser Raubfisch des Freiwassers bevorzugt in strömungsberuhigten Abschnitten in zunehmender Häufigkeit.

Lachs, Rapfen und Atlantischer Stör wurden in den letzten Jahren aus aufwändigen Nachzuchten wieder in die Ursprungsgewässer, die Elbe und Mulde eingesetzt. Sie sind aber nur in der Lage, ihren komplexen Reproduktionszyklus zu vollziehen, wenn sich die Wasserqualität nicht wieder verschlechtert, ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht und die Querverbauungen mit geeigneten Fischaufstiegsanlagen versehen werden.

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